Weißer Rauch steigt auf: meine Nominierung für Blogbuster 2018

blogbusterEigentlich kenne ich das ja. Seit sieben Jahren prüfe ich nun schon Texte für die Literaturzeitschrift ]trash[pool und habe mir die Auswahl nie leichtgemacht. Im Fokus unseres Magazins stehen vor allem eigensinnige Texte, die sich durch sprachliche Experimentierfreude und ungewöhnliche Perspektiven auszeichnen. Texte, die überraschen sollen, die gerne auch mal sperrig und verstörend sein dürfen. Aber Romane funktionieren anders. Selbst, wenn sie sich in Auszügen auch in ]trash[pool gut machen würden, müssen sie über die Distanz nicht nur sprachlich, sondern auch inhaltlich überzeugen. Romane brauchen Geschichten, die uns neugierig machen, brauchen Figuren, für die wir nicht unbedingt Sympathie, aber zumindest Empathie aufbringen können. Für die Auswahl meines Blogbuster-Kandidaten musste ich mich deshalb mehr als sonst von anderen Kriterien leiten lassen: Ist der Roman ausgereift genug, um in einem Verlag wie Kein & Aber zu erscheinen – und das bereits in einem halben Jahr? Passt er dort überhaupt ins Programm? Und nicht zuletzt: Glaube ich, dass der Roman nicht nur mich selbst, sondern auch andere begeistern kann?

In der zweiten Staffel von Blogbuster haben sich 180 AutorInnen mit ihren Manuskripten bei 15 Bloggern beworben – und ich danke denjenigen, die mir ihre Texte anvertraut haben. Es ist nicht mein Stil, öffentlich die Arbeit anderer abzuwerten, insofern halte ich mich an dieser Stelle nur kurz und allgemein bei meinen abgelehnten Kandidaten auf. Von meinen 13 Bewerbungen hat mich nur eine ausreichend überzeugt, um nach Prüfung von Leseprobe und Exposé das Gesamtmanuskript anzufordern. Die Gründe für meine Absagen waren vielfältig und sagen nicht unbedingt etwas über die Qualität der eingereichten Texte aus. Gleich mehrere Manuskripte waren deutlich näher an Genre- als an Gegenwartsliteratur und fielen für mich allein deshalb aus dem Raster, zwei der Romane richteten sich eher an Jugendliche als an Erwachsene. Während mich einige der Leseproben stilistisch nicht überzeugten, krankte es bei anderen am Inhalt. Manchen Texten fehlte, obwohl durchaus gekonnt geschrieben, dagegen leider das, was man gerne „Verlagsreife“ nennt – hier hoffe ich natürlich, dass die AutorInnen dranbleiben und weiter an sich arbeiten. Letzten Endes ist all das aber eine persönliche Einschätzung. Da wir Blogger nur mit einem Manuskript ins Rennen gehen dürfen und es entsprechend persönlich empfehlen sollen, ist unsere Auswahl natürlich subjektiver als es in einer Agentur oder einem Verlag der Fall wäre. Es spielen also nicht nur Textqualität und Plot eine Rolle, sondern auch der eigene Literaturgeschmack.

…and the winner is…

Was bei meiner Nominierung hingegen keine Rolle spielte: dass ich meiner Kandidatin Mirjam Ziegler vor etwas mehr als fünf Jahren schon einmal begegnet bin. 2012 veröffentlichten wir in der dritten Ausgabe von ]trash[pool bereits eine Erzählung von Mirjam, auf der Release-Lesung in Tübingen lernte ich sie daraufhin auch kurz persönlich kennen. Seitdem habe ich sie zwar weder getroffen noch etwas Literarisches von ihr gelesen, verfolgte auf Facebook aber ihr mehr als ehrgeiziges Projekt: Mirjam wollte nicht nur einen Reise- und Familienroman schreiben, in dem sie ihre Protagonistin auf der Suche nach ihrer verschwundenen Mutter einmal quer durch Europa schickt. Sie wollte den Roman auch auf ebendieser Reiseroute schreiben – ein halbes Jahr lang, allein finanziert durch eine Crowdfunding-Kampagne. Das ist ihr tatsächlich gelungen. Ob dasselbe auch für ihren dabei entstandenen Roman Die Federn meiner Mutter gilt, fand ich hingegen erst heraus, als sich Mirjam nach meinem Aufruf auf den Kanälen unserer Zeitschrift bei Blogbuster bewarb.

Bei ]trash[pool kam ich schon mehr als einmal in die Verlegenheit, Freunden oder Bekannten, die Texte bei uns eingereicht haben, absagen zu müssen; trotzdem freue ich mich natürlich, wenn diese mich nicht wegen, sondern fast sogar trotz unserer Bekanntschaft begeistern können. Dass Mirjam Ziegler schreiben kann, wusste ich aus der Vergangenheit – und sah es schon nach wenigen Seiten der Leseprobe wieder bestätigt. Aber kann sie auch eine Geschichte erzählen, einen ganzen Roman füllen? Ich habe Die Federn meiner Mutter in nur wenigen Tagen gelesen und Mirjam Zieglers Protagonistin Agnes darin nach Paris und Barcelona, Südfrankreich und Norditalien, Slowenien und schließlich Kroatien begleitet. Auf mehr als 340 Manuskriptseiten habe ich einige Schwächen, aber deutlich mehr Stärken entdecken dürfen. Und als mich das Ende des Romans tatsächlich rührte, wusste ich, dass ich mit seinem letzten Satz ein Gratulationsschreiben beginnen musste:

Liebe Mirjam,
es sind ja so viele Leben möglich. Eines fiele mir für dich jedenfalls ein: als Blogbuster-Autorin nämlich!


Am Donnerstag stelle ich den Roman Die Federn meiner Mutter ausführlich vor, Mirjam Ziegler selbst lernt ihr dann nächste Woche im Interview kennen!