Monat: Februar 2022

Geschafft!

ManuskriptFreude zu empfinden: Das ist dieser Tage gar nicht mal so einfach. Vielleicht spüre ich deshalb stattdessen gerade eher so etwas wie Erleichterung. Heute ist es genau ein Jahr her, seit ich die ersten Zeilen meines dritten Romans Mittnachtstraße schrieb. Es folgten ein langer Lockdown mit Schulschließung, mehrere Quarantänen, teils wiederholte Covid-Infektionen in der Familie – und dann ja auch noch diverse Schulferien und die ganz normalen Betreuungsausfälle, mit denen Eltern sich herumschlagen müssen. Keine einfachen Bedingungen, um einen Roman zu schreiben. Und trotzdem habe ich es geschafft: Vor zwei Tagen setzte ich das Wort Ende unter das Manuskript. Nun bin ich zwar nach einem Jahr voller Druck und Hindernisse bis auf auf die Knochen erschöpft, vor allem bin ich aber erleichtert – und ziemlich stolz. Darüber, dass ich es geschafft habe. Und noch viel mehr darüber, was ich da geschafft habe. Mittnachtstraße ist alles geworden, was ich mir von von dem Roman erhofft habe – aber darüber hinaus auch noch so viel mehr. Deshalb kann ich es kaum erwarten, euch bald mehr über das Buch zu erzählen. Und natürlich, dass ihr es lest: in diesem Herbst bei Voland & Quist!

Übrigens gab es dann am Tag der Fertigstellung dann doch noch einen Moment, in dem ich zumindest kurz die Weltlage vergessen und Freude empfinden konnte: Abends erreichte mich nämlich die Nachricht, dass der Förderkreis Deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg meine Arbeit an Mittnachtstraße – die natürlich längst noch nicht zu Ende ist – mit einem Stipendium fördert!

Im Livestream und vor Ort in Stuttgart: Didi Drobna liest aus „Was bei uns bleibt“

Wirlphoto_Drobna_20210815_WEB-17Als wäre sie einfach aus der Geschichte getilgt worden: Nicht einmal eine Gedenktafel erinnert heute noch an die unterirdisch im Wald versteckte Munitionsfabrik im österreichischen Hirtenberg, in der Didi Drobnas Protagonistin Klara 1944 freiwillig den Dienst antritt. Zusammen mit hunderten anderer Frauen setzt sie dort bis kurz vor Kriegsende tagein, tagaus abertausende Zündkapseln für die Front zusammen – eine harte Arbeit, die Klara aber durchaus mit Stolz erfüllt. Das ändert sich erst, als gleich neben der Fabrik eine Außenstelle des Konzentrationslagers Mauthausen errichtet wird. Den Arbeiterinnen werden nun Frauen aus dem KZ zugeteilt, mit denen – unter strenger, brutaler Aufsicht der SS – das gewaltige Pensum noch einmal drastisch erhöht werden soll. Dabei entstehen nicht nur Freundschaften, sondern erstmals auch Zweifel: am Endsieg, an den Klara und ihre Freundinnen lange glaubten. Vor allem aber daran, ob sie auf der richtigen Seite gestanden haben.

Lange hat Klara über die Jahre in Hirtenberg und ihre traumatischen Erlebnisse kurz vor Kriegsende geschwiegen. Nun aber, kurz vor ihrem Tod, kann die alte Frau ihre Erinnerungen nicht länger verdrängen. Bald hat sie keine andere Wahl mehr: Sie muss ihrem Enkel und Ziehsohn Luis erzählen, was damals geschah – und damit Licht auf ein fast vergessenes Kapitel der österreichischen Geschichte werfen.

Die österreichische Autorin Didi Drobna (Foto: Barbara Wirl) hat für ihren dritten Roman Was bei uns bleibt akribisch recherchiert, unter anderem sprach sie mit Zeitzeug*innen und suchte selbst im Hirtenberger Wald nach den Überresten der damaligen Fabrik. Es sind gerade die kleinen Details und lebendigen Eindrücke aus Klaras Arbeitsalltag, die Drobnas Roman so eindringlich und greifbar machen. Aber auch die Gegenwartskapitel um Klara als alte Frau sind weit mehr als bloße Rahmenhandlung: In ihnen spürt Drobna so subtil wie emphatisch den seelischen Verwüstungen des Krieges nach, die auch Generationen später noch Narben schlagen können.

Morgen Abend liest Didi Drobna um 19:30 in der Stuttgarter Stadtbibliothek aus „Was bei uns bleibt“ und wird darüber hinaus von ihren aufwändigen Recherchen zum Roman erzählen – und ich freue mich schon sehr darauf, den Abend moderieren zu dürfen. Weil wir zuhause gerade leider an diesem obskuren Familiendurchseuchungsprogramm der Bundesregierung teilnehmen müssen, werde ich selbst allerdings nur via Zoom zugeschaltet sein. Umso mehr hoffe ich auf viele Besucher*innen in der schönen Stadtbibliothek – blöd genug schließlich, dass Didi alleine auf der Bühne sitzen muss. Allen, die wie ich nicht vor Ort sein können, lege ich dagegen den Stream ans Herz: um 19:30 live auf YouTube!