Tja. 2010 schrieb ich meine Magisterarbeit über die Chancen für Demokratie und Gesellschaft durch soziale Netzwerke. Keine idealistische, aber eine durchaus optimistische Arbeit. 2017 schrieb ich dagegen einen Roman über hatespeech und den Unschuldsverlust von social media, dem wir den Erfolg von Trump, AfD & Co. verdanken. Was ist bloß in diesen sieben Jahren passiert? Die Hauptfigur meines Romans ist eine Trollin. Sie glaubt:
Die Nullen oder die, die sich für welche halten, haben die Erregungsspirale so lange nach oben geschraubt, bis alles aus dem Gleichgewicht geraten und vom Binärcode neutraler Einsen und Nullen bloß ein permanentes, überreiztes Einself übrig geblieben ist. Am Anfang war das Wort? Meinetwegen. Caps Lock und Ausrufungszeichen leiten jedenfalls das Ende ein. Wer schreit, hat Recht. All die naiven digital natives, die von einer besseren Welt dank sozialer Netzwerke träumten, werden von wütenden weißen Männern niedergemetzelt wie wehrlose Indianer. Willkommen im Neuland!
Aber: Das ist bloß eine Zustandsbeschreibung. Es liegt an uns, dass wir uns vernetzen, anstatt zu spalten. Dass wir offensichtlichen Lügen die Wahrheit entgegensetzen. Und nicht zuletzt, dass wir das Spiel der AfD nicht mitspielen. Diese Partei lebt von Lärm und Wut. Was wir brauchen, ist Gelassenheit. Lassen wir nicht zu, dass diese Menschen die Erregungsspirale in den kommenden vier Jahren immer weiter nach oben treiben und damit unsere Demokratie verrohen. Die sind nicht das Volk. Das sind wir, die 87 Prozent, die keine Nazis ins Parlament gewählt haben.