Was in Vegas passiert, bleibt in Vegas – die berühmte Aussage über die hellste Stadt der Welt ließe sich ebenso gut auf die vielleicht dunkelste Stadt der Welt übertragen: Pjöngjang. Nordkorea ist nicht nur auf nächtlichen Satellitenbildern ein schwarzer Fleck – aus der abgeschotteten Militärdiktatur dringen nur wenige gesicherte Informationen nach außen, entsprechend groß ist die Neugierde auf das gleichermaßen skurrile wie grausame Regime und sein indoktriniertes, verarmtes Volk. Trotzdem wagen es nur wenige tausend Menschen im Jahr, nach Ostasien zu reisen und sich im (strengen!) Rahmen einer geführten Tour selbst ein Bild vom vielleicht letzten wirklich kommunistischen Land der Erde zu machen. Einer von von ihnen ist Christian Eisert, TV-Autor und ehemaliger Gagschreiber von Harald Schmidt; gemeinsam mit Fotoreporterin Thanh reist Eisert, weil Journalisten die Einreise strikt untersagt ist, unter falscher Flagge durch ein Land, das nicht nur scheinbar aus der Zeit gefallen ist. Frei bewegen können sie sich nicht: Auf ihrem embedded Roadtrip bleiben sie immer in Begleitung ihrer Reiseführer und Aufpasser Rym und Chung, die stets bemüht sind, Nordkorea ins beste Licht zu rücken.
Reißerische Aufmachung
Dass ich auf „Kim & Struppi. Ferien in Nordkorea“ aufmerksam geworden bin, habe ich einem Zufall zu verdanken. Normalerweise lese ich keine Bücher von Comedy-Autoren, selbst, wenn ich deren eigentliche Arbeit zuweilen zu schätzen weiß; es macht nun mal einen großen Unterschied, ob etwa ein David Foster Wallace über eine Kreuzfahrt schreibt oder jemand wie Christoph Maria Herbst. Zu viele Prominente – ganz gleich, ob aus der A-Riege oder den hinteren Teilen des Alphabets – füllen inzwischen die Regale der Buchhandlungen und verstellen den Blick auf anspruchsvollere Titel. Nicht umsonst schrieb ich bereits an anderer Stelle, dass die inflationären Promi-Biografien das literarische Äquivalent zu Katzenvideos auf Youtube seien. Vermutlich hätte ich Christian Eiserts launigen Reisebericht nie gelesen: Der Buchtitel, das grelle Cover und der reißerische „Waschzettel“ schreien geradezu nach der platten Skurrilitätensammlung, die man von einem Comedy-Autor erwarten würde. Ich hätte etwas verpasst. (mehr …)