duotincta

#Stayhomeandreadabook: Bücher gegen den Lagerkoller (1)

War das hier nicht mal ein Literaturblog? Stimmt. Nur dass ich schon seit einiger Zeit nicht mehr dazu komme, neben meiner Arbeit als Schriftsteller und Redakteur und in meiner dank zweier Kinder eher spärlich gesäten Freizeit über Bücher zu schreiben – zumal ich immer den Anspruch hatte, mir viel Zeit für die Texte zu nehmen und in meinen Rezensionen in die Tiefe zu gehen. Auf die Schnelle ein paar Buchtipps raushauen? Das können andere besser als ich. Das heißt aber nicht, dass ich damit aufgehört hätte, Bücher zu empfehlen: Im Stuttgarter Stadtmagazin LIFT betreue ich neben dem Stadt-Ressort schließlich auch die Literaturseiten und stelle darin jeden Monat drei aktuelle Bücher in Kurztexten vor.

Aber heute schrieb Uwe Kalkowski auf seinem Blog Kaffeehaussitzer einen großartigen Text darüber, warum es gerade jetzt in der Corona-Krise wichtig sei, über Literatur zu reden. Und der liebe Uwe hat nicht nur Recht damit – er hat mich auch dazu inspiriert, die letzten LIFT-Ausgaben herauszukramen und nun einige meiner Buchvorstellungen auf den Blog zu stellen. Vielleicht werde ich die Quarantäne (trotz der wenigen Freizeit dank der bereits erwähnten Kinder) nun auch dazu nutzen, mal wieder mein altes Literaturblogger-Cape überzustreifen und ein paar der Bücher vorzustellen, die ich zuletzt gelesen habe. Denn wie Uwe es ganz richtig schrieb: Wir müssen gerade jetzt über Bücher sprechen. Zum Beispiel über diese hier:

Lucia Leidenfrost – Wir verlassenen Kinder

luciaEin Dorf fast ohne Erwachsene, in denen die Kinder das Sagen haben – im diesem Roman ist das eine Horrorvision. Nach und nach verlassen immer mehr Eltern den Ort, vage ist von einem Krieg die Rede, auch wenn vieles im Unklaren bleibt. Bald organisieren sich die Kinder selbst und schaffen ein System aus Macht und Gewalt. Nur die jugendliche Mila versucht, ihren ganz eigenen Weg zu finden – sie ist es aber auch, die irgendwann die geladene Waffe findet… Wir verlassenen Kinder ist eine erschreckende wie poetische Parabel mit einem ganz eigenen Sound, der schon Lucia Leidenfrosts Erzählungen in ihrem Debüt Mir ist die Zunge so schwer so besonders machte. Gerade jetzt ein beklemmender, aber deshalb umso relevanterer Roman. [Kremayr & Scheriau, 192 S., € 19,90]

Nick Drnaso – Sabrina

sabrinaSabrina ist verschwunden – und ihr Partner völlig am Boden zerstört. Als sich sein Freund Calvin um ihn kümmert, geraten beide in einen Strudel aus bizarren Verschwörungstheorien und Fake News. Zu Recht war Nick Drnasos großartiges Buch als erste Graphic Novel überhaupt für den Man Booker Prize nominiert. In verstörend trostlosen, stillen Bildern erzählt er, wie Lügen und Wahn unsere Gesellschaft zunehmend erodieren lassen. Sieht man sich die letzten Videos von Xavier Naidoo an oder liest einige der kursierenden Fake News zur Corona-Krise, ahnt man, wie nahe Fiktion und Realität inzwischen beieinander liegen… [Blumenbar, 208 S., € 26,-]

Clemens J. Setz – Der Trost runder Dinge

setzVerstörend sind auch die jüngsten Erzählungen des so verschrobenen wie genialen Österreichers Clemens Setz. Seine sprachlich brillanten, eigensinnigen Geschichten lesen sich zwar wie absurde Albträume, wirken aber dennoch wie eine Realität, die nur um einige wenige Grad verschoben wurde. Das gilt aktuell sicher besonders für die erste Geschichte des Buches, in der der Erzähler nach der Stornierung seines Fluges vom Flughafen in seine Wohnung zurückkehrt – und dort nur Stunden nach der Abreise ein Lazarett voller Dahinsiechender vorfindet… Liest man Setz, denkt man an Franz Kafka, an Edgar Allan Poe, an David Foster Wallace – aber eigentlich braucht Setz diese Vergleiche gar nicht: Er ist längst eine Klasse für sich. [Suhrkamp, 320 S., € 24,-]

Édouard Louis – Wer hat meinen Vater umgebracht

louisSein autobiographisch gefärbtes Debüt Das Ende von Eddy war eine Abrechnung: mit der französischen Kleinstadt, die ihm das Aufwachsen als Homosexueller zur Hölle machte. Und mit seinem schroffen Vater, dem Louis wie seiner Heimat eines Tages fluchtartig den Rücken kehrte. Wer hat meinen Vater umgebracht mag zwar ein kurzes Buch sein – aber dafür eines mit Größe: Mit viel Empathie, aber noch viel mehr Wut im Bauch beschreibt Louis seinen Vater als Opfer der sozialen Missstände in Frankreich. Für mich – auch dank des großartigen Vorgängerromans Im Herzen der Gewalt – einer der wichtigsten Autoren unseres Nachbarlandes.  [S. Fischer, 80 S., € 16,-]

Mareike Fallwickl – Das Licht ist hier viel heller

DasLicht_Cover_METALLIC_RZ.inddAm Anfang des Romans versucht ein abgehalfterter Mann, sich auf die Soap Sturm der Liebe einen runterzuholen. Vergeblich. Einst war er ein Starautor, der Wenger, einer, der immer für eine Frauengeschichte, immer für einen Skandal gut war. Jetzt ist er bloß noch ein aus der Zeit gefallenes Auslaufmodell und beinahe in Vergessenheit geraten. Doch als er ganz unten ist, landet Wenger plötzlich wieder einen Beststeller – das gelingt ihm allerdings nur, weil er schamlos das tragische Schicksal einer Unbekannten ausbeutet, deren Briefe versehentlich in seinem Briefkasten landen. Parallel dazu wird auch seine Tochter Zoey zum Opfer einer Gesellschaft, die auch nach #metoo noch immer viel zu stark von männlicher Dominanz geprägt ist. Ein unterhaltsamer, garstiger und hochaktueller Roman über Männer, die zwar Kreide gefressen, aber noch immer nichts verstanden haben. [Frankfurter Verlagsanstalt, 384 S., € 22,-]

Miri Watson – Meer ohne Mo

Cover_Watson_Meer-ohne-MoEigentlich hat Svenja hier nichts verloren – weder im Hochhaus am Meer, deren Bewohner sie nie zu Gesicht bekommt, noch in dem Obdachlosenasyl, in dem sie nachts arbeitet. Verloren hat sie aber Mo, ihren besten Freund seit der Grundschule, der sich das Leben nahm und Svenja damit ins Exil am Meer trieb. Ein gelungenes, atmosphärisches und tieftrauriges Debüt. [duotincta, 260 S., 17,-]

Alexandra Riedel – Sonne, Mond, Zinn

Layout 1Der Familienpatriarch ist tot. Die Beerdigung? Ein verlogenes Fest voller unausgesprochener Wahrheiten. Mit am Tisch sitzt auch Gustav, der Enkel, den es nicht geben dürfte: Seine Mutter war das Ergebnis eines Seitensprungs des Verstorbenen und litt zeitlebens unter ihrer Verleugnung. Ein stilles, fast unterkühltes Buch – aber das passt bestens zur Stimmung der Feier. [Verbrecher Verlag, 112 S., € 19,-]

Unterschrieben! #2

img_4883Auf manche Briefe wartet man ja schon lange, bevor sie überhaupt verschickt wurden. Jetzt habe ich das Happy End von 2018 auch schwarz auf weiß: Mein nächster Roman erscheint im Frühjahr 2020 als Hardcover beim wunderbaren Verlag Voland & Quist!

Das bedeutet zugleich aber auch den Abschied von meinen ans Herz gewachsenen Verlegern Jürgen Volk und Ansgar Köb bei duotincta, die mir mit meinem Debüt Dezemberfieber vor mehr als drei Jahren den Startschuss als Autor ermöglichten – und immer Verständnis für meine Entscheidung hatten, mir für den nächsten Roman trotz unserer guten Zusammenarbeit eine (übrigens sehr, sehr tolle!) Agentur zu suchen. Es bleiben nicht nur schöne Erinnerungen an gemeinsame Lesungen und Messen, sondern auch echte Freundschaft und Verbundenheit, die Bestand haben werden. Auch wenn ich das natürlich nur schreibe, um mein Anrecht auf Gratisbier am duotincta-Messestand in Leipzig nicht aufs Spiel zu setzen.

Immerhin bleibe ich in der Nachbarschaft: In den letzten beiden Jahren lag der Messestand von Voland & Quist gleich gegenüber. Nach unserem Kontakt in den letzten Wochen bin ich davon überzeugt, dass ich mich in meiner neuen Verlagsfamilie ganz genauso zuhause fühlen werde. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit und darauf, in diesem Jahr endlich wieder erleben zu dürfen, wie aus meinem Manuskript ein Buch wird. Und zwar ein richtig schönes, wenn man die jüngsten Veröffentlichungen meiner neuen Heimat zum Maßstab nimmt. Ich halte euch auf dem Laufenden!

Unterschrieben!

IMG_2006Damals bei meinem Debütroman habe ich mir an Literaturagenturen noch die Zähne ausbeißen müssen. Besonders frustrierend war es, dass die Absagen oft voll des Lobes waren und trotzdem immer irgendetwas nicht passte – manchmal waren die Aussagen sogar gegenteilig. Mein abgewetztes und oft gebrauchtes Leseexemplar von Dezemberfieber zeugt davon, dass es die richtige Entscheidung war, den Roman 2015 beim kleinen, aber ambitionierten Verlag duotincta zu veröffentlichen, nicht zuletzt aber auch die großartigen Besprechungen von Bloggern, deren Meinung ich sehr schätze. Die Verleger von duotincta, die mir damals den Start als Autor ermöglichten, sind inzwischen längst gute Freunde geworden – auch in Zukunft werde ich auf Messen also jede Gelegenheit nutzen, Zeit mit ihnen am Stand zu verbringen (in Leipzig findet ihr sie in Halle 5 G203 bei der Lesebühne der Jungen Verlage). Und auf die gemeinsame Verlagslesung mit homunculus freue ich mich nicht nur, weil ich dort auch die neue Ausgabe von ]trash[pool vorstellen darf.

Gestern bin ich aber endlich einen großen Schritt weitergekommen: Ich habe für meinen neuen Roman einen Vertrag bei einer Literaturagentur unterzeichnet – und hatte dank einer weiteren interessierten Agentur sogar die Qual der Wahl. Späte Genugtuung? Quatsch. Ich bin einfach nur dankbar und glücklich darüber, dass da jemand an mich und meinen Roman glaubt. Und jetzt sehr, sehr gespannt auf das, was die Zukunft bringt!

Auswahl für ]trash[pool #8

Unbenannt-1Zugegeben: Wir haben uns diesmal etwas Zeit gelassen – aber was schickt ihr uns auch so viele gute Texte, dass wir uns erst einmal Verstärkung in die Redaktion holen müssen? Gemeinsam mit unserem Neuzugang, Isabella Caldart von Novellieren, haben wir nun aber endlich unsere Auswahl getroffen.

Freut euch in ]trash[pool #8 auf großartige Beiträge von: Timo Berger, Daniel Breuer, Tom Bresemann, Laura Bon, Raoul Eisele, Yannic Federer, Axel Görlach, Roman Israel, Philip Krömer, Stan Lafleur, Lucia Leidenfrost, Jasmin Mayerl, José Oliver, Michael Spyra, Fabian Steidl, Elisa Weinkötz, Daniel Weiss & Julia Wolf.

Ausgabe 8 von ]trash[pool wird im Herbst dieses Jahres erscheinen. Die bisherigen Ausgaben könnt ihr unter redaktion@trashpool.net oder als Digitalversion bei unserem Partner duotincta bestellen. Vielen Dank für die vielen Einsendungen!

Große Messe, kleine Welt. Versuch einer Rekonstruktion der #lbm17

IMG_8753Donnerstag

Die Leipziger Buchmesse 2017 beginnt mit einem Déjà-vu: Tobias Nazemi am Bahnsteig des Flughafens, wie schon im letzten Jahr fahren wir gemeinsam zur Messe und trinken den ersten Kaffee im Pressezentrum. Und doch ist etwas anders: Zeigte er mir im letzten Jahr auf dem iPad noch seine ersten Ideen zu Blogbuster, sprechen wir diesmal bereits über die Kandidaten der Longlist. Keine Zeitschleife also, auch wenn mich der Wecker um 4:45 wie ein Murmeltier aus dem Winterschlaf riss. Dass die Zeit nicht stehengeblieben ist, darf ich erfreulicherweise auch bei der inzwischen schon traditionellen Erstvisite am Stand von duotincta feststellen. Nicht, dass ich mich über die Titel der Nebenstände auf vergangenen Messen (allen voran den Evergreen Gebete für Tiere) nicht amüsiert hätte – aber die unmittelbare Nähe zu Verlagen wie Voland & Quist, Frankfurter Verlagsanstalt, Mayrisch oder Verbrecher steht den Verlegern meines Debütromans dann doch ein wenig besser zu Gesicht. Besonders mit den Kollegen von homunculus erschöpft sich die Nachbarschaftshilfe nicht bloß im regelmäßigen Austausch von Bier (duotincta) und Schnaps (homunculus): Am Abend ist auch eine gemeinsame Lesung im Beyerhaus geplant.

Ein bisschen sind Buchmessen ja wie Klassentreffen. Man freut sich, einander wiederzusehen, tauscht sich aus – und wird alberner, je länger es dauert. Besonders bei den unabhängigen Verlagen geht es familiär zu, so auch bei duotincta: Verleger und Autoren verbringen nicht nur die meiste Zeit gemeinsam am Stand, sondern wohnen zum Teil sogar in derselben Messe-WG, wo auch für Freunde des Verlages noch ein Isomattenplatz frei ist. Mit dem Autor Frank Schliedermann, den ich 2015 in Frankfurt auf der 1000 Tode-Lesung kennenlernte, verbindet inzwischen alle eine so gute Freundschaft, dass er es sich nicht nehmen ließ, sich als Verlagsmaskottchen adoptieren zu lassen. Nach guten Gesprächen mit ihm, den duotincta-AutorInnen Daniel Breuer, Kathrin Wildenberger und Birgit Rabisch sowie den Verlegern Jürgen Volk und Ansgar Köb warten am Nachmittag die ersten Termine auf mich.

Zumindest die erste Stunde der Veranstaltung How Indie are you? mit Nikola Richter, Elisabeth Ruge und Susan Hawthorne lasse ich mir aber nicht entgehen – eine interessante Gesprächsrunde über die Zukunft der unabhängigen Verlage, der ich gerne länger zugehört hätte. Bemerkenswert ist etwa die Antwort Ruges auf die Frage, warum sie denn die Seiten gewechselt habe – von der Verlegerin zur Agentin: Es sei, so Ruge, eigentlich eine Rückkehr zu ihren Wurzeln. Als Agentin stehe für sie endlich wieder der Text im Vordergrund, während die Entscheidungen in großen Verlagen zunehmend von Marketingabteilungen getroffen würden. Natürlich ist auch Elisabeth Ruges Agentur vom Erfolg ihrer Autoren abhängig, ihr Engagement für Autoren wie Frank Witzel oder als Jurymitglied bei Blogbuster zeugt jedoch davon, dass der Idealismus ihrer Aussage keineswegs aufgesetzt ist. Die Leidenschaft für gute Literatur ist echt und etwas, das alle auf dem Podium miteinander verbindet.

Abends dann die gemeinsame Indie-Lesung von duotincta und homunculus im Beyerhaus – und eine Überraschung: Während wir im Erdgeschoss noch plaudern, füllt sich, ohne dass wir etwas davon mitbekommen, unten bereits der Saal. Trotz der großen Konkurrenz bei Leipzig liest stellen wir vor vielen (und großteils ausdauernden) Gästen unsere Bücher vor und lassen dabei auch drei Blogger zu Wort kommen: Jochen Kienbaum sowie Andrea und Klaus Daniel präsentieren stellvertretend für 40 Blogger ihre Texte aus Warum ich lese. Eine schöne, aber auch sehr lange Lesung, nach der ich mich, anstatt mehrere abzuklappern, für eine Party entscheiden muss: Ullstein, Rowohlt oder Tropen. Osmotisch führt es uns schließlich zum Ort mit der größten Konzentration. Die Tropenparty gleicht wie immer einem Wimmelbild: die halbe Buchbranche auf kleinstem Raum zusammengepfercht. Weil kein Durchkommen ist, winkt man sich halt zu. Wenn man denn den Arm hochkriegt. Im letzten Jahr hielt ich bis vier durch, diesmal siegt, weil ich am nächsten Mittag auf der Messe aus Dezemberfieber lese, jedoch die Vernunft. Ein bisschen zumindest: Bis drei muss es dann doch wieder sein, die Musik ist einfach zu gut.

Freitag

Meine Stimme ist erwartungsgemäß angeschlagen, aber ich habe bei der Lesung am Stand schließlich ein Mikro. Und zwar für ganze drei Minuten. Nach dem Ausfall der Technik bleibt mir nichts anderes übrig, als aufzustehen und gegen den Messelärm anzulesen, bis ich heiser bin. Eine Szene zumindest, das müsste reichen. Tut es aber nicht: Ein älterer Herr bittet mich darum, doch noch ein bisschen weiterzulesen. Und weil der Kunde König ist, bilden wir mit dem verbleibenden Publikum, der Autorin Lucia Leidenfrost, Martin Kulik sowie Tina Thiele, einen Sitzkreis. Eine kleine intime Lesung mitten auf der Messe und nur wenige Meter von der Leseinsel der jungen Verlage entfernt – tatsächlich eine schöne Erfahrung.

Eine schöne Erfahrung verbindet mich auch mit Lucia, mit der ich anschließend eine Stunde in der Sonne plaudere. Obwohl wir ihre Erzählung Flugübungen (die es nun auch in ihr Debüt Mir ist die Zunge so schwer geschafft hat) bereits in ]trash[pool veröffentlicht hatten und sie und ich zeitgleich in Tübingen am Studio Literatur und Theater studierten, lernten wir uns erst auf dem Prosanova 2011 in Hildesheim kennen, zu dem ich ich damals als Finalist des Literaturwettbewerbs eingeladen war. Manchmal ist die Literaturwelt wirklich verblüffend klein. Das merke ich auch beim anschließenden kurzen Plausch mit Caterina Kirsten: Als der Agent Markus Michalek hinzustößt und ihr einen jungen Autoren empfiehlt, stellt sich schnell heraus, dass dieser auch einen Text für die kommende Ausgabe von ]trash[pool eingereicht hat. Um Literaturzeitschriften dreht es sich auch bei meinem nächsten Termin: Beim Kaffee tauschen Anneke Lubkowitz von Sachen mit Woertern und ich Hefte aus und sprechen über die notwenige Vernetzung junger Magazine. Und über Enten. Die im Übrigen viel interessanter sind, als ich dachte.

Beim Blogger-Empfang von Rowohlt gibt es dann viele bekannte Gesichter und Würstchen, beim Umtrunk am Stand von Voland & Quist dagegen Bier und Herrn Bieber. Herr Bieber ist vom Wachpersonal und nicht besonders glücklich darüber, dass in der Halle nach Messeschluss geraucht wird. Kaum biegt Herr Bieber am Gang ab, klicken wieder die Feuerzeuge. Aber Herr Bieber kommt wieder, und mit ihm das Gefühl, dass wir alle hier auf Klassenfahrt sind. Ein Gefühl, das auf der Party der jungen Verlage bis spät in die Nacht anhält, die ich hauptsächlich mit befreundeten Bloggern verbringe – allen voran Tobias Nazemi, Ilja Regier und Isabella Caldart (an diesem Abend mit der glockenklaren Stimme eines Tom Waits), mit denen ich das Ganze vor einigen Wochen schon beim Blog@bout von Ullstein fünf geübt habe. Meine Hausaufgaben habe ich anscheinend zu gut gemacht, gegen drei zwingt mich der Übereifer jedenfalls zum etwas plötzlichen Aufbruch.

Samstag

Letzter Messetag und bloß noch ein einziger Pflichttermin. Während ich im vergangenen Jahr den halben Tag bei der (großartigen!) Leipziger Autorenrunde verbrachte, um dort gemeinsam mit Nikola Richter und Katharina Gerhardt unsere Teamarbeit am E-Book Willkommen! Blogger schreiben für Flüchtlinge vorzustellen, gönne ich mir 2017 einen ruhigeren Messeausklang und komme erst zu Warum ich lese in die Hallen. Launig und souverän stellen Katharina Herrmann, Sophie Weigand und Sarah Reul auf der Leseinsel ihre Texte aus dem Band bei homunculus vor, anschließend trifft man sich zum Plaudern in der Bloggerlounge. Von den ersten nehme ich bereits Abschied, andere treffe ich noch mehrere Male wieder – im Falle von Katharina Herrmann allerdings stets mit Identifizierungsproblemen, was mal mit ihrer Kurzsichtigkeit, mal mit geistig-kognitiven Schwächen meinerseits zu tun hat. Zu meiner Verteidigung: Im Gegensatz zu ihr überrascht es mich zumindest nie, dass Menschen Nasen haben!

Am Abend schließlich der ruhige Ausklang: ein Essen mit der duotincta-Familie (ein richtiges sogar, mit Vitaminen und allem Pipapo – nach drei Tagen Messe eine Sensation!) und dann ab ins Bett. So zumindest der Plan. Und der ist durchaus vernünftig, immerhin sehe ich nach zwei durchfeierten Nächten und den durchgetakteten Messetagen längst aus wie Frodo am Fuße des Schicksalsbergs. Aber die Verlockung ist groß, ich muss auf dem Heimweg bei Sputnik Litpop vorbei. Alleine auf eine Party gehen? Eigentlich eine Schnapsidee. Aber es ist ja Messe. Und eine kleine Welt. Kaum drin, treffe ich gleich auf die ersten bekannten Gesichter – erfreulicherweise dann auch noch jene, die ich bislang verpasst habe. Beim Konzert der Mighty Oaks kann ich allerdings kaum noch stehen. Vor der Tür verquatsche ich mich auf ein Bier und gefühlt siebzehn Zigaretten mit Leander Wattig, bevor ich den Abend alleine und ganz entspannt ausklingen lasse: im vibrierenden Polstersessel vor der Tanzfläche. In der Hand ein Bier, im Kopf die Eindrücke von drei anstrengenden, aber ganz und gar großartigen Tagen.

Ach so, Bücher gab es in Leipzig natürlich auch. Aber das, was eine Buchmesse so besonders macht, sind in Wahrheit die Menschen, die sie lieben. Und obwohl es mir an vielem fehlte – Schlaf, gesundem Essen, Pausen – reise ich zwar entschieden ärmer, aber sehr bereichert aus Leipzig wieder ab. Und freue mich schon jetzt auf Frankfurt.


Hier entlang zu meinem Bericht über die Leipziger Buchmesse 2016, in dem ich mir Gedanken zur Rolle von Blogs in einer sich wandelnden Literaturbranche mache. Weitere Berichte zur #lbm17 sind u.a. bei Schöne Seiten, Pinkfish, Sounds & Books, lustauflesen.de & Fräulein Julia erschienen.

Lesungen im Frühjahr

fullsizerenderEs ist ein bisschen her, seit ich zuletzt aus Dezemberfieber gelesen habe – umso größer ist die Vorfreude auf das kommende Wochenende. Am Samstag stelle ich in der Alten Büdnerei Kühlungsborn meinen Debütroman vor und freue mich auf ein durch und durch literarisches Wochenende, an dem ich schreiben, lesen und endlich auch wieder vorlesen darf. Ein schöneres Rahmenprogramm für eine Lesung kann man sich nicht wünschen: ein ganzes Wochenende am Meer mit ein wenig Zeit für Einkehr, den neuen Auster und 200 zu überarbeitende Manuskriptseiten. Vielen Dank für die Einladung!

Und wem die Anreise zur Ostsee zu weit ist: Auch bei Leipzig liest gibt es zwei Gelegenheiten, mir zuzuhören. Am Donnerstag, dem 23.3. lese ich gemeinsam mit 11 Autor*innen aus den Verlagen duotincta und homunculus im Beyerhaus. Ein Termin, den sich besonders Blogger notieren sollten: Im Rahmen der Veranstaltung findet auch die Buchpremiere zu Warum ich lese statt – mit den Texten von 40 deutschsprachigen Buchbloggern, die dem Aufruf von Sandro Abbate folgten und darin ihren Weg zur Literatur schildern. Auf der Messe selbst lese ich am Freitag um 12:30 am Stand von duotincta (Halle 5, Stand G203) – und werde mit kratziger Stimme vermutlich ein mahnendes Beispiel für zu lange Buchmessennächte sein… Ich freue mich auf alle drei Termine und viele interessierte Zuhörer!

Notizen 6/16

Dezemberfieber-CoverLeider habe ich noch immer keine Zeit und Muße für eine neue Rezension gefunden – andere bloggen zum Glück deutlich regelmäßiger als ich. So zum Beispiel Constanze Matthes auf Zeichen und Zeiten, der ich eine wunderbare neue Rezension zu Dezemberfieber verdanke: Ein Erstling, der es vermag, den Leser sowohl eng an die Handlung und den Helden zu binden, den man manchmal ob seines abgedrehten Verhaltens einfach mal durchschütteln möchte. Eindrucksvoll gelingt es Frank O. Rudkoffsky zudem, sowohl die Gegensätze, die Stimmung und Reize des asiatischen Landes zu beschreiben, als auch detail- und bilderreich Szenen auszugestalten. Großer Verdienst des Buches ist es allerdings auch, die Aufmerksamkeit auf die Krankheit Depression zu richten. Ein Thema, das in der Öffentlichkeit noch längst nicht angekommen ist und noch immer nicht offen debattiert werden kann. (Hier entlang zu weiteren Stimmen zum Roman.)

Dem Thema Depressionen hat sich unlängst auch Karla Paul auf Buchkolumne gewidmet. In ihrer Literaturliste durch die Dunkelheit, in der sie Romane und Sachbücher über die Krankheit zusammengestellt hat, fand dankenswerterweise auch Dezemberfieber Platz. Eine wichtige und gute Liste, die in Zukunft noch erweitert werden soll. Einen der dort genannten Romane – Olivier Adams An den Rändern der Welt – werde ich in Kürze auch auf meinem Blog vorstellen. Auf das Buch gestoßen bin ich übrigens dank einer sehr schönen Rezension bei Kaffeehaussitzer! Auch in der Liste: Der Planet Trillaphon in seinem Verhältnis zur üblen Sache von David Foster Wallace, das ich im vergangenen Frühjahr besprochen habe.

trashpool7Neues gibt es auch zu ]trash[pool: Auf Logbuch Suhrkamp, dem Blog des Suhrkamp Verlags, werden seit kurzem regelmäßig Literaturzeitschriften vorgestellt – da durften wir natürlich nicht fehlen! In unserem Porträt erzählen wir ein bisschen aus dem Nähkästchen und umreißen nicht nur unser Profil, sondern schildern auch, wie unsere Textauswahl zustande kommt. Vielen Dank an die Redaktion, dass wir uns im Rahmen dieser schönen Reihe vorstellen durften!

Zu guter Letzt noch ein Veranstaltungshinweis: Am Donnerstag, dem 23. Juni, lese ich gemeinsam mit den Autoren Daniel Breuer (duotincta) und Matthias Hirth (Voland & Quist) in Berlin. Mehr Infos zur Lesung im Klub der Republik findet Ihr hier – über ein ein paar bekannte Gesichter im Publikum würde ich mich sehr freuen!

duotincta bei „Leipzig liest“

duotincta-lesenachtDie Einschläge in Sachen Leipziger Buchmesse werden immer dichter, besonders heute: Mittags hatte ich meine Akkreditierung als Blogger im Briefkasten, abends die Ankündigung zur duotincta-Lesenacht im Mailfach: Am 17.3. lese ich im Rahmen von Leipzig liest gemeinsam mit allen Autoren und Autorinnen des Verlags im Beyerhaus! Ab 19:00 stellen Dominik Forster, Stefanie Schleemilch, Birgit Rabisch, Daniel Breuer, Wolfgang Eicher und ich unsere aktuellen Romane vor; durch den Abend führt Elia van Scirouvsky (Moderator der Lesereihe Der durstige Pegasus). Kommt zahlreich und bleibt: Anschließend wird im Gewölbekeller gefeiert!

PS: Egal, wie lang die Nacht wird: Ich freue mich schon sehr auf das inoffizielle Bloggertreffen von Papiergeflüster am nächsten Tag (auf dem ich notfalls als mahnendes Beispiel für ungesunden Lebenswandel aufkreuze) – hoffentlich mit vielen bekannten Gesichtern!

Was bisher geschah… und wie es weitergeht!

Ich geb’s ja zu: Seit der Veröffentlichung von Dezemberfieber läuft mein Blog – sehr zu meinem Leidwesen – ein wenig auf Sparflamme. Denn obwohl ich eine halbfertige Rezension in der Schublade habe und mir der grandiose neue Franzen unter den Nägeln brennt, komme ich momentan kaum zum Lesen und Schreiben. Zum Glück geht es nicht allen so: Die ersten Stimmen zu meinem Debütroman haben mich wirklich überwältigt! Auch die bisherigen Rezensionen bei Amazon und LovelyBooks sind mehr als positiv. All die Zeit am Schreibtisch, das mehrmalige Ruhenlassen und Überarbeiten des Manuskripts, der lange und oft frustrierend steinige Weg bis zur Veröffentlichung – vielleicht war es all das ja wirklich wert! Und damit so viele Menschen wie möglich Dezemberfieber lesen können, erscheint der Roman nun endlich auch als E-Book: schon jetzt DRM-frei und zum für digitale Literatur angemessenen Preis von 5,99 € bei duotincta sowie im Laufe der nächsten Woche in den Stores.

1000tode-lesungIn den letzten Wochen ist soviel passiert, dass ich – sobald zum Jahresende ein wenig Ruhe einkehrt – einige Tage brauchen werde, um all die vielen Eindrücke endlich einmal sacken zu lassen. Da waren die fantastischen Tage, die ich gemeinsam mit der duotincta-Familie auf der Frankfurter Buchmesse verbrachte: Ich habe nicht nur einige (wenn auch zu wenige) liebe Autoren- und BloggerkollegInnen getroffen und spannende Veranstaltungen besucht, sondern durfte im Rahmen der äußerst bewegenden #1000 Tode-Lesung im Orbanism Space auch einen Auszug aus Dezemberfieber vortragen – ein ganz persönliches Highlight, das es hier zum Nachhören gibt.

image6Und dann waren da die Lesungen in Essen, Ruppichteroth, Nordenham und Tübingen, die dank wunderbarer Gastgeber und aufmerksamer Zuhörer bislang stets etwas Besonderes für mich waren. Gemeinsam mit meiner duotincta-Kollegin Stefanie Schleemilch gab ich vor unserem Auftritt in Tübingen auch ein ausführliches Radiointerview samt kurzer Lesungen aus unseren Romanen. Zum Glück ist mein Leseherbst noch lange nicht vorbei: Am Freitag findet mein Heimspiel beim Lit.Quartier in Stuttgart statt, und im Dezember lese ich nicht nur ein zweites Mal in Tübingen, sondern auch im Rahmen der bekannten Leipziger Lesereihe Der durstige Pegasus sowie im Internationalen Studienzentrum in Berlin. Für 2016 sind natürlich weitere Termine in Planung.

Cover - Willkommen! Blogger schreiben für Flüchtlinge

ISBN 978-3-944543-28-4

Zuvor steht aber erst einmal eine Veröffentlichung an, die mir eine Menge bedeutet: Anfang Dezember erscheint bei Mikrotext die Textsammlung Willkommen. Blogger schreiben für Flüchtlinge, die ich gemeinsam mit Katharina Gerhardt, Caterina Kirsten, Ariane Novel, Nikola Richter und Eva Siegmund herausgebe. Für das E-Book, dessen Erlöse der Initiative #bloggerfuerfluechtlinge gespendet werden, haben wir die besten und persönlichsten Texte von Bloggern zusammengestellt, die sich in den vergangenen Monaten in Tat und Wort für Flüchtlinge engagiert haben. Seit den entsetzlichen Anschlägen in Paris ist dieses Buch vielleicht sogar noch wichtiger geworden als es ohnehin schon war: Viele Menschen fliehen derzeit vor genau dem, was am Freitag in Paris geschehen ist. Umso wichtiger ist es, sich nun mit eben diesen Menschen zu solidarisieren. Das E-Book soll eine Sichtbarmachung dieser Solidarität sein, ein deutliches Zeichen, dass die Hetzer nicht die Mehrheit sind – und Menschen in der Not bei uns willkommen.

Vorbestellen könnt ihr das E-Book schon jetzt. Mehr zu den großartigen und wichtigen Texten, die wir auswählen durften, in Kürze!

Veröffentlichungen im Herbst

Cover_trashpool_2015-07-02.inddBis ich mich im August für einige Wochen in den Urlaub verabschiede und endlich wieder mehr Zeit zum Lesen habe, stecke ich bis zum Hals in den Vorbereitungen für meine Veröffentlichungen im Herbst. Die sechste Ausgabe von ]trash[pool – u.a. mit Texten von Martin Piekar, Nora Linnemann und Aboud Saeed sowie einem ausführlichen Interview mit Sandra Gugić – veröffentlichen wir rechtzeitig zur Buchmesse im Oktober. Während unsere Gestalterin Nadine Tsalawasilis noch über dem Layout brütet, dürft ihr zumindest schon mal einen Blick aufs nächste Cover werfen.

Dezemberfieber-Cover

Der eigentliche Grund für meinen Besuch in Frankfurt erscheint sogar bereits Mitte September: Zur Zeit arbeite ich zusammen mit meinem Lektor von Duotincta am Feinschliff von Dezemberfieber und erlebe erstmals die fünf typischen Stufen des Lektorats (1.Verneinung, 2. Zorn, 3. Verhandeln, 4. Depression, 5. Akzeptanz); angesichts der Temperaturen draußen sind dankenswerterweise keine allzu hitzigen Debatten zu erwarten. Eine kurze Leseprobe vom Ende des ersten Kapitels gibt es übrigens hier als Download. Und so sehr ich mich auch auf meinen Urlaub freue: Auf diesen Herbst freue ich mich ausnahmsweise mehr!