Ein Update zu Fake wollte ich schon lange mal wieder schreiben, nun möchte ich das aus einem aktuellen Anlass aber nicht weiter hinauszögern. Grund dafür ist die heutige Besprechung von Fake beim Büchermarkt auf Deutschlandfunk. An sich eine sehr schöne Besprechung – zumindest bis kurz vorm Schluss, bei dem der Rezensent Jürgen Deppe als Kritik in den Raum stellt, ich würde in meinem Roman bewusst die Gefahr von Rechts verharmlosen. So bedauerlich ich diesen Eindruck finde, so vehement muss ich ihm hier aber auch (obwohl ich das normalerweise als unsouverän empfinde) widersprechen: Nichts lag mir ferner, im Gegenteil. Vielmehr wollte ich in meinem Roman über den Unschuldsverlust von sozialen Medien schreiben, über den Weg vom vermeintlich harmlosen, anonymen Frustabbau im Netz hin zu organisierten Trollarmeen – und über die realen Konsequenzen, die das für Einzelne und für unsere Gesellschaft inzwischen hat, auch im realen Leben.
Es hat einen Grund, warum der Roman im Sommer 2015 vor der Flüchtlingskrise endet und warum ich meine zweite Hauptfigur Jan noch zu Anfangszeiten von Pegida recherchieren ließ, als der AfD-Vorsitzende noch Bernd Lucke hieß (der am Ende des Romans in einem Nebensatz vom rechten Flügel geputscht wird): Es geht eben „nur“ um den Beginn einer Entwicklung, die mit der Ermordung Walter Lübckes 2019 ihren vorläufigen und entsetzlichen Höhepunkt fand. Ich glaube auch, dass die Härte und Grausamkeit der Trollangriffe auf Jan im letzten Drittel von Fake hier eigentlich eine klare Sprache sprechen.
Hätte ich meine Figuren – ja, auch diejenigen aus dem noch frühen Pegida-Mitläufer-Umfeld – aber ohne Empathie schwarz-weiß gezeichnet und nicht als echte Menschen, dann wäre ich der thematischen Herausforderung des Romans nicht gerecht geworden. Denn es sind echte Menschen, die Hass im Netz verbreiten, Nachbarn, Kollegen, vielleicht sogar der eigene Partner. Es sind echte Menschen, die die Polarisierung unserer Gesellschaft vorantreiben und dabei von rechten Strategen hinters Licht geführt, aufgestachelt und instrumentalisiert werden. Mit meinem Roman wollte ich vieles, aber ganz sicher nicht dieses Spiel der Polarisierung mitspielen.
Leider trübt dieser leise Vorwurf die insgesamt ja eigentlich sehr schöne und bis zu diesem Punkt positive Rezension – und ich bin froh, dass diese Lesart nach den wirklich vielen Besprechungen von Fake bislang ein Einzeleindruck ist. Aber: Es ist natürlich das gute Recht des Rezensenten, meinen Versuch, das oben stehende möglichst differenziert im Roman abzubilden, als missverständlich oder misslungen zu empfinden – darum danke ich Jürgen Deppe nichtsdestotrotz für seine Vorstellung von Fake.
Zum Glück nur eine Einzelmeinung
Zum Glück gibt es aus den letzten Monaten aber auch weitaus Positiveres zu berichten.
So wurde Fake unter anderem im Börsenblatt, im Emotion Magazin oder vom Nürnberger Buchhändler Steffen Beutel (Buchladen am Kopernikusplatz) bei Lesart auf Deutschlandfunk Kultur empfohlen. Neben etlichen schönen Rezensionen auf Instagram landete mein Roman auch in einigen Jahresbestenlisten von Blogs, etwa bei Sounds & Books (die gelungene Rezension lest ihr hier), Lesen in Leipzig oder – sogar auf Platz 1! – bei Leselust. Ganz besonders habe ich mich im Dezember über die Podcast-Folge von Pageturner gefreut, in der sich Inaiê Macedo gleich ganze 40 Minuten mit der tollen Mareike Fallwickl über Fake unterhält – vielen Dank!
Und wer mich aus Fake lesen hören möchte, hat dazu schon ab morgen wieder die Gelegenheit, dann lese ich nämlich in der Büchergilde Buchhandlung und Galerie in Frankfurt. Am 7. Februar geht es zur Buchhandlung Lehmanns in Leipzig, wohin es mich natürlich im März auch zur Buchmesse verschlägt – und die steht mit vier Lesungen an drei Abenden noch einmal ganz im Zeichen von Fake!
Man muss nicht die Tweets von Menschen wie CDU-Generalsekretär
Gleich 29 Verstorbene lässt Robert Seethaler in seinem Roman „Das Feld“ zurück auf ihr Leben blicken und verknüpft ihre Geschichten zu einem bewegenden Kleinstadtporträt. Ein Roman so vielfältig, traurig und schön wie das Leben selbst.
Seit dieser Woche ist die
Ehe er starb, wollte Roger Willemsen unsere Gegenwart aus der Perspektive der Zukunft beleuchten. Seine Zukunftsrede ist deshalb zu seinem Vermächtnis geworden: eine scharfsinnige und weitsichtige Analyse unserer Zeit.
Eigentlich fing sie ganz gewöhnlich an, die Erzählung, die uns
Édouard hat es geschafft. Noch ist er zwar nicht der große Starautor mit dem gefeierten Debüt, aber das verhasste Leben in der französischen Provinz, über das er in
Und schon wieder ist es passiert:
Eine Forschergruppe lässt sich für zwei Jahre in ein riesiges Terrarium einschließen, um zukünftige Raummissionen zu simulieren – und die ganze Welt schaut zu. In seinem Roman Die Terranauten seziert T.C. Boyle genüsslich menschliche Schwächen und eine Gesellschaft, in der ein Leben außerhalb des Rampenlichts zwar möglich, aber sinnlos ist.
Eigentlich ist Walter Nowak ja fit für sein Alter, nicht nur wegen des täglichen Schwimmens. Für den Rentner ist es deshalb auch gar kein Problem, dass seine jüngere Frau für ein paar Tage zu einer Konferenz verreist ist. Und ohne den Unfall wäre er vielleicht ja auch ganz gut alleine zurechtgekommen. Vielleicht hätte er nicht das Wildschwein in der Küche zerlegt und es dann auf dem blutigen Boden vergammeln lassen. Vielleicht hätte er weniger getrunken und keine halben Tage verschlafen, wäre er nicht ohne Schuhe und mit Badekappe zum geschlossenen Freibad und dann zu seiner ehemaligen Firma gefahren. Walter Nowak macht sich wegen all dieser Dinge keine großen Gedanken. Das tun bloß die anderen: etwa seine Ex-Sekretärin, die ihn besorgt auf einen Kaffee hineinbittet und dann zusehen muss, wie er vor ihr flieht. Oder sein entfremdeter Sohn, der ihn erstmals nach Jahren besucht und ihm anfangs nicht einmal die Sache mit der Fledermaus glaubt.